Benjamin Lindner sagt Tschüß

"So Jungs, das war heute mein letztes Spiel", sagte Benjamin Lindner im Team-Huddle unmittelbar nach dem Spiel gegen Kiel. Kurz und knapp sein Kommentar. Gewußt hat die Mannschaft von seinem Abschied ja schon von Anfang an. "Wir als Kleine geben einen aus unserer Mitte zu den Großen ab, das kann und muß uns stolz machen", sagte Eagles-Headcoach Jan-Hendrik Wohlers.

Der Defense End kommt nicht mehr zu den "Hamburger Jungs" zurück. Höchstens als Jugendtrainer, vielleicht als Trainer der Herren. Irgendwann mal. Möglicherweise. Jedenfalls wäre das sein Wunsch nach zwei Spielzeiten als Aktiver. Ganz gewiß ist aber, daß er sich unter die Großen einreihen könnte: Zur Zeit laufen die Tryout-Camps der National Footballleague Europe an. Seine zweite Chance.

 

Lindner hat ein klares Ziel: NFL-Profi werden oder zumindest NFLE-Pro. Das Zeug dazu hat er. Immerhin hatte ihn schon die Frankfurt Galaxy auf dem Zettel. Dann bekam er während der Lauftest dort derartige Beschwerden, daß er das Programm verlassen mußte. Jetzt geht die Quälerei wieder von vorn los. "Im vergangenen Jahr hatte ich 24 und 25-Jährige, denen ich als 22-Jähriger durchaus das Wasser reichen konnte, und diese Tatsache wird mich vorwärts peitschen", sagt der gelernte Sicherheitsfachmann. Zur Zeit allerdings nimmt er eine Auszeit vom Berufsleben und ist seinen Eltern dankbar, daß die ihm finanziell den Rücken freihalten. "Diese einmalige Chance sollte er auch wirklich nutzen und sich vom Gefühl freimachen, dass er die Mannschaft im Abstiegskampf im Stich läßt", rät ihm seine (Ex)-Trainer Jan-Hendrik Wohlers. Dort, wo er jetzt hingeht, wartet auch kein Zuckerschlecken auf ihn.

 

"Unglücklerweise habe ich ausgerechnet jetzt ein wenig Masse verloren, mir fehlen noch rund 18 Kilo Muskeln", sagt er. Außerdem brennt ihm noch nicht das richtige Feuer in den Beinen. Acht Mal 200 Meter in jeweils 36 Sekunden verlangen die NFLE-Richtlinien beispielsweise. Zur Zeit bereitet er sich mit ein paar Freunden im "Fit Aktiv" auf das Programm vor. Das zu erreichen, ist seine Zukunft, zur Vergangenheit gehört das am Sonntag verloren gegangene Spiel gegen Kiel. Lindner: "Mir sind die Eagles sehr ans Herz gewachsen, ich habe sie schätzen gelernt als Mannschaft, für die man sich gerne voll reinhängt. Ich hätte mir für sie gewünscht, dass wir den Hurricanes dieses Mal den Marsch blasen."

 

Jetzt muß wieder der große Bruder mit ran

Die Vikings dürfen sich über ein frisches Grinsen freuen: das von Marco Aden. Vielleicht hat ihn schon der eine oder andere Weyher Spieler im Hinspiel gesehen, wie er zufrieden an der Sideline stand und sich die Hände rieb. Denn als er dort das Spielgeschehen sah, war seine Entscheidung längst gefallen, seine selbst auferlegte Football-Zwangspause zu beenden. Am Sonnabend im Rückspiel haben die Vikings 85 Kilo schiere Motivation aus dem Weg zu räumen: Marco Aden verstärkt gegen Weyhe in seinem vierten Spiel die Defense Line der Eagles und hält damit sogar seinem kleinen Bruder Ärger vom Hals.

 

Timo Aden steht als Linebacker zwei Meter hinter seinem großen Bruder. Wenn der wochentags früher als Marco vom Dienst kommt, wird der "Große" gleich mitverpflegt. Abgesehen davon, dass beide auf ihren Positionen Gardemaß haben, sind sie auch als Brüder "ganz dicke" miteinander. Der 32jährige Marco hatte mit 17 angefangen Football zu spielen. Aber schließlich zwang ihn eine Knieverletzung aufzuhören. Was ihn vielleicht noch mehr schmerzte, als weiterzuspielen. "Ich habe alles weggepackt, was irgendwie im Haus nach Football aussah. Ich habe kein Endspiel gesehen, nichts darüber gelesen, und mit keinem drüber gequatscht", sagt er. Football war tabu.

 

War tabu. Jetzt hat er seine Meinung revidiert. "Volkert Vollmer ist einer, an dem ich mich aufrichten kann. Der spielt mit 40 noch. Also kann ich doch locker bis 35 auf dem Platz stehen." Marco ist sich bewußt, dass er kein begnadeter Techniker ist und noch immense Trainingsrückstände hat, "aber ich habe 85 Kilo auf 180 Zentimetern zu bieten. Das ist erstmal Fakt, und daran war in den letzten Partien auch schwer zu rütteln." Sagt er. Und grinst.

 

Er freut sich schon auf die nächste Saison mit den Eagles. Dann ist er natürlich von Anfang an dabei. Für seinen Bruder Timo ist das noch fraglich. Im nächsten Jahr stehen Prüfungen an ­ Beruf geht vor. Aber die beiden hocken oft beieinander, das heißt, es würde bestimmt keine dreieinhalb Jahre dauern, bis Timo sich wieder mitreißen ließe."