Halbzeitbilanz der Munich Cowboys: Kette mit Rissen

Keine Kette ist stärker als ihr schwächstes Glied, heißt es in einem Sprichwort. Volker Schenk, Defense Coordinator der Munich Cowboys und in den neunziger Jahren Spieler in der NFL Europe bei Frankfurt Galaxy, räumt ein, dass er die Bedeutung dieser Worte selbst „spät begriffen“ habe.

„Weil ich immer in einem guten Team gespielt habe“, sagt er. Die Munich Cowboys sind derzeit dagegen kein gutes Bundesliga-Team – die verheerende 7:54-Niederlage am Sonntag gegen Stuttgart Scorpions machte dies mehr als deutlich. „Wir hatten einfach die schlechteren Spieler“, sagt Schenk zur Blamage. „Du spielst als Mannschaft nur so gut wie dein schlechtester Spieler. Einige Cowboys-Spieler sind in der jetzigen Verfassung nicht gut genug, um in der GFL mitzuspielen.“

 

Ein Sieg und fünf Niederlagen stehen zum Ende der Hinrunde in der German Football League auf dem Papier. Wenn er jetzt Schulnoten verteilen würde, sagt Schenk verärgert, dann wären mehrere Fünfer dabei. Denn während die Cowboys beim umkämpften 29:35 gegen Schwäbisch Hall Unicorns vor 14 Tagen noch ihre bisher beste Saisonleistung zeigten, konnten sie gegen Stuttgart Scorpions zu keinem Zeitpunkt mithalten. Die Zuschauer im Dantestadion sahen reihenweise Fehlpässe und weitere individuelle Fehler, „mit denen man kein Spiel gewinnen kann“, wie Volker Schenk betont. Mehr noch: „Wir können einfach schlecht tackeln“, kritisiert Schenk. „Wir haben Stuttgart – und vor ein paar Wochen Köln – mindestens 50 Yards hergeschenkt.“ Punkt Nummer drei auf der Mängelliste ist die fehlende Aggressivität einiger Cowboys-Akteure: Neun Fumbles haben sich die Scorpions zuletzt gegen Darmstadt Diamonds geleistet. Provoziert jedoch durch eine aggressive Spielweise, die der Defense Coordinator bei den Münchnern vermisst. Denn da gibt es noch etwas, was die Chancen der Cowboys im Kampf um den Klassenerhalt derzeit minimiert: Der mangelnde Trainingsfleiß.

 

Das alles wäre schon Grund genug für die Schlappe gegen Stuttgart. Doch das Schlimmste ist für Schenk, dass es Spieler im Kader gibt, die „nicht einmal fragen, was sie überhaupt falsch machen“. Und sich allein deshalb nicht verbessern können. „Einige jüngere Spieler sind erfolgs-verwöhnt von ihren vielen Meistertiteln in der Jugend“, meint Schenk, der seit wenigen Tagen und gemeinsam mit Markus Schuster den Cowboys-Trainerstab anführt: „In der GFL fehlt ihnen der nötige Biss. Sie haben einfach nicht die richtige Einstellung zu diesem Sport.“

 

Schenk und Schuster versuchen dem entgegen-zuwirken, in dem sie, erstmals im Spiel gegen die Scorpions, einen Mann an die Seitenlinie holten, der den Cowboys-Trainerstab unterstützen und den jüngeren Spielern helfen soll: Hesham Khalifa, ebenso erfahrener wie erfolgreicher Head Coach der Cowboys Juniors. Neben Khalifa sollen sich noch andere Cowboys-Urgesteine während der Rückrunde um den Bundesliga-Kader kümmern: Zusammen mit Markus Schuster (früher NFL Europe für Braunschweig Lions und Barcelona Dragons) arbeiten Thomas Zeitler und Marco Lindenbeck aus der 93er-Meister-mannschaft der Munich Cowboys mit den Wide Receivern. Wolfgang Hartung arbeitet mit der Offense Line. Mit ihnen und Linebacker-Coach Gunther Renner will Volker Schenk die bislang eingeübten Spielzüge neu strukturieren und, wie er sagt, „einen ordentlichen Gameplan präsentieren“.

 

In der Pause bis zum nächsten Auswärtsspiel am 16. Juli in Köln soll intensiv trainiert werden. Ziel von Volker Schenk ist es, drei der restlichen sechs Spiele zu gewinnen. „Nichts anderes als der Klassenerhalt kann unser Ziel sein“, sagt Markus Schuster. Zu schaffen ist das nur mit einer kompakten Mannschaftsleistung. Oder anders gesagt: Mit einer starken Kette, die nicht, wie beim Match gegen die Scorpions, schon im ersten Viertel reißt.