Knapp eine Minute war in Marburg noch zu spielen. Nachdem Sven Mielke einen Befreiungskick der Marburger so blocken konnte, dass der Ball über deren Grundlinie ins Aus gespielt werden musste und die Unicrons auf 21:27 an die Hessen herankamen, bekommen die Unicorns das Lederei an der eignen 25-Yard-Linie. Mit einem sehenswert schnellen Drive arbeiten sie sich bis an Marburgs 5-Yard-Linie heran und auf der Spieluhr stehen noch vier Sekunden. Zeit genug für einen letzten, spielentscheidenden Spielzug. Ira Vandever wirft den Pass, der alles klar machen kann auf Marc Biedenkapp, der mit 17 Zählern auch in Marburg der erfolgreichste Haller Punktesammler war. Den entscheidenden Pass bekommt er aber nicht zu fassen. Jubel bei den Hessen, Enttäuschung bei den Unicorns, die einer vergebenen Meisterschaftschance nachtrauerten.
Die Szene war symptomatisch für das gesamte Spiel, denn die Partie wurde einem Bundesliga-Spitzenspiel voll gerecht. Spannung bis zu letzten Sekunde und zuvor Ballverluste auf beiden Seiten, knappe Spielstände und wechselnde Führung. Einzig der Sieg war es, was am Ende aus Haller Sicht fehlte. "Wir haben ein gutes Spiel zum Schluss mit Pech verloren", sagte Halls Headcoach Siegfried Gehrke, der allerdings auch Fehler in seinem Team ausmachte: "Die Offense hat gut begonnen, spielte aber mit zu wenig Konstanz. Die Defense hat hingegen zu denkbar schlechten Zeitpunkten Big-Plays der Marburger zugelassen."
Die Haller Verteidigung hatte besonders mit dem Marburger Pass-Spiel zu kämpfen. Der amerikanische Runningback Terrelus Wright, der den Unicorns im Hinspiel großes Kopfzerbrechen machte, beschränkte sich am Sonntag darauf, die Chancen nur herauszuspielen und den Marburger Pass-Angriff in Position zu bringen. Am Ende hatten die Gastgeber alle ihrer vier Touchdowns per Pass von Quarterback Matt Krueger erzielt und die Haller Rückraumverteidigung gab dabei zumindest zweimal kein gutes Bild ab.
In der Haller Offense führte die zum Greifen nahe Süd-Meisterschaft vielleicht zu etwas zuviel Nervosität. Den Hallern unterliefen viele kleine, am Ende aber mitentscheidende Fehler, die man von ihnen in dieser Saison bisher so nicht gesehen hatte. Einerseits musste man Strafen wegen Frühstart oder falscher Aufstellungen hinnehmen, zum anderen packten die Haller Passempfänger auch nicht immer richtig zu. Wichtige Bälle und der damit verbundene Raumgewinn wurde fallen gelassen.
Nach den Haller 7:0-, 14:7- und 19:13-Führungen war in der Partie zur Halbzeit wieder alles offen. Mit einer hauchdünnen 20:19-Führung der Mercenaries gingen die Teams in die Kabinen und nach der Pause bekamen die 100 mitgereisten und lautstarken Haller Fans erneut eines jener in diesem Jahr typischen dritten Unicorns-Viertel zu sehen: der Haller Angriff tat sich schwer wieder ins Spiel zu finden und die Defense hielt dem Team den Rücken frei. Erst im letzten Spielabschnitt waren es dann die Mercenaries, die zu Punkten kamen und die Führung auf 27:19 ausbauten. Die durch den geblockten Punt von Sven Mielke erzielten Punkte zum 27:21-Endstand könnten am Ende der Saison vielleicht noch mehr als nur Ergebniskosmetik darstellen. Sie führen dazu, dass die Unicorns die Nase im direkten Vergleich zu den Marburgern um einen Punkt vorne habe.
So gut wie die Meisterschaftschancen für die Unicorns vor diesem Spiel aussahen, so schwer wird es jetzt für sie werden. Noch ein Rundenspiel steht aus, und zwar gegen die Berlin Adler am 4. September im Haller Hagenbachstadion. Gegen die starken Berliner, die noch Chancen auf den Titel in der GFL-Nord haben, müssen die Unicorns gewinnen, denn die Haller Rivalen aus Marburg haben das einfachere Restprogramm. Gegen die bisher sieglosen Saarland Hurricanes muss nächste Woche mit einem hessischen Erfolg gerechnet werden, was die Marburger Tabellenführung bedeuten würde. Zum Interconference-Rückspiel ein Woche später fährt Marburg dann nach Düsseldorf und in Hall muss man darauf hoffen, dass den derzeit in der GFL-Nord auf dem fünften Platz rangierenden Panthern ein Sieg gegen die Mercenaries gelingt.
Die Punkte für Hall erzielten: Marc Biedenkapp (17), Brandon Falkner (2) und die Unicorns-Defense (2).
Alle Punkte:
0:7 Marc Biedenkapp 35-Yards-Pass von Ira Vandever (PAT Marc Biedenkapp)
7:7 Patrick Wolf 23-Yards-Pass von Matt Krueger (PAT Peer Müller)
7:14 Marc Biedenkapp 41-Yards-Pass von Ira Vandever (PAT Marc Biedenkapp)
13:14 Oliver Stier 90-Yards-Pass von Matt Krueger
13:16 Brandon Falkner 90-Yards-Blocked-PAT-Return
13:19 Marc Biedenkapp 30-Yards-Fieldgoal
20:19 Markus Glock 13-Yards-Pass von Matt Krueger (PAT Peter Müller)
27:19 Patrick Wolf 11-Yards-Pass von Matt Krueger (PAT Peter Müller)
27:21 Sven Mielke Blocked Punt hinter die Marburger Grundlinie